Klienten-Info
Ausgabe 4/2010
Inhalt:
Betrugsbekämpfungsgesetz und Novelle zum Finanzstrafgesetz
Der Ministerrat hat am 24.8.2010 die Regierungsvorlagen zum Betrugsbekämpfungsgesetz 2010 (BKKG 2010) und zur Finanzstrafgesetz-Novelle 2010
beschlossen. Dabei wurden auch zahlreiche Einwendungen aus dem Begutachtungsverfahren berücksichtigt. Allerdings gibt es laut einer Protokollanmerkung
zur Ministerratssitzung noch einige Punkte, die im Parlament geändert werden könnten. Wir informieren Sie im Folgenden über den aktuellen Stand sowie
über die wesentlichen Änderungen gegenüber der Fassung laut Ministerialentwurf. Beide Gesetzespakete sollen noch im Herbst im Parlament beschlossen
werden und im Wesentlichen ab 2011 in Kraft treten. Die endgültige Beschlussfassung im Parlament bleibt abzuwarten.
Betrugsbekämpfungsgesetz
Annahme einer Nettolohnvereinbarung
Zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und der damit zusammenhängenden Steuerhinterziehungen soll klargestellt werden, dass bei illegalen
Beschäftigungsverhältnissen das ausbezahlte Entgelt als Nettoentgelt zu verstehen ist und für die Berechnung der (nachzuzahlenden) Lohnabgaben daher
auf ein entsprechend höheres Bruttoentgelt hochgerechnet werden muss.1 Wird
bei Beschäftigung einer Person im Rahmen eines Werkvertrages dieser anlässlich einer SV-Beitragsprüfung als Dienstverhältnis eingestuft, so soll eine
Nettolohnvereinbarung dann nicht angenommen werden, wenn für die erhaltenen Bezüge im Hinblick auf die ursprüngliche rechtliche Einstufung als
Werkvertrag die gesetzlichen Meldepflichten gegenüber der Finanzbehörde2 und
der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft3 erfüllt wurden.
Auftraggeberhaftung auch für lohnabhängige Abgaben
Zur Bekämpfung des Sozialbetrugs im Baugewerbe wurde bereits im Vorjahr eine Haftung 4 jener Unternehmer, die Auftraggeber von Bauleistungen sind, für die nicht
entrichteten Sozialversicherungsbeiträge der beauftragten Subunternehmer eingeführt. Diese Regelung soll nunmehr mit der Einführung einer zusätzlichen
Auftraggeberhaftung für die vom Finanzamt einzuhebenden lohnabhängigen Abgaben in Höhe von bis zu 5 % des Werklohnes (Rechnungsbetrages) ergänzt
werden (wobei dieser Prozentsatz im Rahmen der parlamentarischen Behandlung möglicherweise noch erhöht wird). 5 Die Haftungsinanspruchnahme setzt voraus, dass beim beauftragten
Subunternehmen erfolglos Exekution geführt wurde oder eine Insolvenz vorliegt.
Der Auftraggeber soll aber die Möglichkeit haben, sich – analog zur Regelung im ASVG - dadurch von der Haftung zu befreien, dass er einen 25 %igen
Zuschlag zum SV-Haftungsbetrag6 an das Dienstleistungszentrum der Wiener
Gebietskrankenkasse leistet. Die nunmehr in der RV realisierte Lösung bietet im Ergebnis den betroffenen Baufirmen (Auftraggebern) daher die
Möglichkeit, beiden Haftungen (SV-Beiträge und Lohnabgaben) durchEinbehalt eines Betrages von insgesamt 25 % des Werklohnes des Subunternehmers (= 20 % für SV-Beiträge und 5 % für lohnabhängige Abgaben) und Abfuhr an das Dienstleistungszentrum der Wiener Gebietskrankenkasse zu entgehen. Der Mehraufwand gegenüber der bereits geltenden ASVG-Regelung
besteht für die betroffenen Unternehmer (Auftraggeber) darin, dass mit der Überweisung auch die UID-Nummer (falls es eine solche nicht gibt, die
Steuer- und Finanzamtsnummer) des Subunternehmers bekannt gegeben werden muss.
Ebenso wie im § 67a ASVG soll die Haftung entfallen, wenn der beauftragte Subunternehmer in der Liste unbedenklicher Unternehmen (so genannte
HFU-Liste) aufscheint.
Mitteilungspflicht für Auslandszahlungen („Lex Meischberger“)
Gemäß einem neuen § 109b EStG sollen Unternehmen und Körperschaften (zB auch Vereine, Stiftungen, aber auch öffentlich-rechtliche Körperschaften, wie
Bund, Länder, Gemeinden oder Kammern) verpflichtet werden, ab 2011 Zahlungen in das Ausland für bestimmte Dienstleistungen, insbesondere Vermittlungs-
und Beratungsleistungen, bis Ende Februar des Folgejahres an die Finanzbehörde zu melden, wenn sämtliche innerhalb eines Kalenderjahres an einen
bestimmten Empfänger geleisteten Zahlungen den Betrag von 100.000 € übersteigen.
Ausgenommen von dieser geplanten Mitteilungspflicht sind Zahlungen, die ohnedies einer österreichischen Abzugssteuerpflicht 7 unterliegen. In der RV ist nunmehr eine weitere Ausnahme dazu gekommen: Für
Zahlungen an ausländische Körperschaften (zB Kapitalgesellschaften, Stiftungen) soll ebenfalls keine Mitteilungspflicht bestehen, wenn die Körperschaft
im Ausland einer nationalen Steuerbelastung von mehr als 15 % unterliegt.
Im Ergebnis betrifft die neue Mitteilungspflicht daher vor allem Zahlungen von insgesamt über 100.000 € pro Kalenderjahr an natürliche Personen, wenn für diese Zahlungen in Österreich kein Steuerabzug vorzunehmen ist. Im Falle von Zahlungen an ausländische Körperschaften (Gesellschaften)
soll die Mitteilungspflicht nur dann bestehen, wenn der ausländische Zahlungsempfänger in einer Steueroase oder zumindest in einem Niedrigsteuerland
(Steuerbelastung 15 % oder weniger) ansässig ist.
Etwas entschärft wurde auch die im Entwurf vorgesehene Strafe für die (vorsätzliche) Verletzung der Mitteilungspflicht: Die Strafe beträgt zwar
weiterhin bis zu 10 % des nicht gemeldeten Betrages, sie ist allerdings nunmehr mit 20.000 € gedeckelt.
Steuerzuschlag für Zahlungen ohne Empfängernennung
Betrieblich veranlasste Zahlungen eines Unternehmens sind steuerlich grundsätzlich als Betriebsausgaben absetzbar. Wenn ein Unternehmer aber trotz
ausdrücklicher Aufforderung des Finanzamtes den Empfänger einer solchen Zahlung nicht nennt, so ist diese Zahlung nicht mehr als Betriebsausgabe
absetzbar8, was bei Kapitalgesellschaften zu einer zusätzlichen
Körperschaftsteuerbelastung von 25 % des betreffenden Betrages führt. Ist der (anonyme) Empfänger der Zahlung eine in Österreich ansässige natürliche
Person, entgehen dem Fiskus im Falle der (in diesem Fall wohl naheliegenden) steuerlichen Nichtdeklarierung dieser Beträge allerdings bis zu 50 %
Einkommensteuer.
Um diese Differenz auszugleichen, sollen Kapitalgesellschaften in diesem Fall ab der Veranlagung 2011 zusätzlich zum Steuernachteil aus der fehlenden steuerlichen Absetzbarkeit der genannten Beträge noch mit einer weiteren 25 %igen „Sonder-Körperschaftsteuer“ belastet werden.
Die Verweigerung der Empfängernennung kostet daher der zahlenden Kapitalgesellschaft dann insgesamt 50 % Körperschaftsteuer; dies gilt
unabhängig davon, ob der Empfänger der Zahlung In- oder Ausländer ist. Bei Unternehmensgruppen ist diese 25 %ige Sonder-Körperschaftsteuer vom
betroffenen Gruppenmitglied zu bezahlen.
Bemerkenswert ist, dass die Regelung laut RV ab der Veranlagung 2011 gelten soll, wodurch es bei Gesellschaften mit einem vom Kalenderjahr abweichenden
Bilanzstichtag faktisch zu einer Rückwirkung kommt.
Verlängerung Verjährungsfristen
Die Verlängerung der Verjährungsfrist für hinterzogene Steuern von 7 auf 10 Jahre sowie der absoluten Verjährungsfrist bei vorläufig festgesetzten Steuern von 10 auf 15 Jahre wird in der RV unverändert zum Entwurf beibehalten. Die Verlängerung ist auf jene
Abgaben anzuwenden, für die der Abgabenanspruch nach dem 31.12.2002 entstanden ist. Eine hinterzogene Einkommensteuer 2002 (= Entstehung des
Abgabenanspruches mit Ende 2002) verjährt daher – falls keiner der bereits geltenden Verlängerungsfälle vorliegt – angesichts der weiterhin
anzuwendenden 7-jährigen Verjährungsfrist unverändert mit Ablauf des Jahres 2009, eine hinterzogene Einkommensteuer 2003 verjährt hingegen erst mit
Ablauf des Jahres 2013.
Einführung einer Finanzpolizei
Mit der schon im Entwurf vorgesehenen Einführung einer Finanzpolizei9 sollen durch Aufsichts- und Kontrollmaßnahmen unmittelbar vor Ort Betrugsfälle besser verhindert bzw zeitnaher aufgedeckt werden. Mit den
vorgesehenen finanzpolizeilichen Befugnissen soll die Präventivwirkung der Steueraufsichts- und sonstigen Kontrollmaßnahmen deutlich verstärkt werden.
Bestimmungen des Entwurfs, die in der RV nicht mehr enthalten sind
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Die im Entwurf vorgesehene Einschränkung der steuerlichen Absetzbarkeit von Zinsen für die Fremdfinanzierung von Beteiligungsakquisitionen (kein Zinsenabzug für den Erwerb von Kapitalbeteiligungen von einem Konzernunternehmen
bzw von Beteiligungen in Staaten außerhalb EU bzw EWR) wurde in der RV ersatzlos gestrichen, wird aber voraussichtlich – allenfalls in
modifizierter Form – in dem Ende Oktober 2010 zu erwartenden Steuerbelastungspaket (Budgetbegleitgesetz) wieder auftauchen.
-
Die im Entwurf vorgesehene Steuerabzugsverpflichtung in Höhe von 20 % für bestimmte Honorare (zB Aufsichtsräte, Funktionäre,
Stiftungsvorstände), die schon bisher jährlich an das Finanzamt gemeldet werden mussten (so genannte § 109a-Honorare), wurde angesichts der
ohnedies schon normierten Meldeverpflichtung ebenfalls ersatzlos gestrichen. Möglicherweise wird aber der Katalog der nach § 109a EStG
meldepflichtigen Tätigkeiten im Zuge der parlamentarischen Behandlung noch erweitert.
Finanzstrafgesetz-Novelle
Geplante Umstellung des Sanktionensystems entfällt
Auf die im Ministerialentwurf geplante Umstellung des Sanktionensystems (in Abhängigkeit vom Verkürzungsbetrag fixierte stufenweise Strafdrohungen)
wird nach den Einwendungen im Begutachtungsverfahren zur Gänze verzichtet. Es bleibt daher bei den geltenden Strafen, wonach etwa die fahrlässige Abgabenverkürzung mit Geldstrafen bis zum 1-fachen des Verkürzungsbetrages und die (vorsätzliche) Abgabenhinterziehung
mit Geldstrafen bis zum 2-fachen des Hinterziehungsbetrages bestraft werden. Bei der (vorsätzlichen) Abgabenhinterziehung können (müssen aber nicht!)
aus Präventivgründen unverändert auch Freiheitsstrafen bis zu 2 Jahre verhängt werden. Damit sind auch die im ursprünglichen Entwurf enthaltenen
zwingenden Freiheitsstrafendrohungen bei Abgabenhinterziehungen über 100.000 € (das ist auch die neue Grenze für die gerichtliche Zuständigkeit im
Finanzstrafverfahren – siehe unten) vom Tisch.
In diesem Zusammenhang wird in der RV – entgegen der jüngsten Judikatur des OGH – auch klargestellt, dass der für die Strafbemessung und für die
gerichtliche Zuständigkeit maßgebliche Verkürzungsbetrag nur jene Teile einer zB aus einer Steuerprüfung resultierenden Steuernachzahlung umfasst, die
auf ein finanzstrafrechtlich relevantes Verhalten (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) zurückzuführen ist.
Keine Einschränkung des so genannten „Beraterprivilegs“
Notare, Rechtsanwälte oder Wirtschaftstreuhänder, die sich in Ausübung ihres Berufes bei der Vertretung oder Beratung in Abgabensachen einer
fahrlässigen Abgabenverkürzung schuldig machen, sind nur dann strafbar, wenn sie ein schweres Verschulden trifft. Diese oft als
„Beraterprivileg“ bezeichnete Beschränkung der finanzstrafrechtlichen Verantwortung der genannten Berater im Zusammenhang mit Finanzvergehen ihrer
Klienten sollte laut Ministerialentwurf dahingehend eingeschränkt werden, dass sie nur dann gilt, wenn die Abgabenverkürzung 30.000 € nicht übersteigt.
Diese geplante Einschränkung ist in der RV entfallen. Das „Beraterprivileg“ bleibt somit unverändert.
Änderungen bei Selbstanzeigen
Eine Selbstanzeige muss nach geltender Rechtslage bei einer sachlich und örtlich zuständigen Abgabenbehörde (Finanz- oder Zollamt) oder bei einer
sachlich zuständigen Finanzstrafbehörde erstattet werden, eine Regelung, die sich in der Praxis oft als „Falle“ herausgestellt hat. Nach der
nunmehrigen, sehr bürgerfreundlichen Fassung laut RV soll die Selbstanzeige bei jedem Finanzamt, unabhängig von örtlicher und sachlicher Zuständigkeit, eingereicht werden können (lediglich Selbstanzeigen hinsichtlich der in die
Kompetenz der Zollämter fallenden Abgaben- und Monopolvorschriften müssen bei den Zollämtern eingebracht werden).
Eine Selbstanzeige soll – wie schon im Entwurf vorgesehen – nur dann und insoweit strafbefreiende Wirkung haben, als die von der Anzeige umfassten Beträge auch tatsächlich entrichtet werden. Somit soll in Zukunft keine strafbefreiende Wirkung eintreten, wenn es zB im Anschluss an
die Erstattung einer Selbstanzeige zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens kommt und die von der Selbstanzeige umfassten Steuern nicht entrichtet
werden. Weiters soll die strafbefreiende Wirkung nur dann eintreten, wenn die von der Selbstanzeige umfassten Beträge binnen Monatsfrist
entrichtet werden, wobei die Monatsfrist bei Selbstberechnungsabgaben mit der Selbstanzeige, in allen übrigen Fällen mit der Bekanntgabe des
geschuldeten Betrages an den Anzeiger zu laufen beginnt (Stundung bis zu zwei Jahren ist aber weiterhin möglich).
Die Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige soll auch insoweit eingeschränkt werden, als in Zukunft eine Selbstanzeige nicht mehr zulässig ist,
wenn zum Zeitpunkt der Selbstanzeige die Tat hinsichtlich ihrer objektiven Tatbestandsmerkmale bereits ganz oder zum Teil entdeckt und dies dem
Anzeiger bekannt war (nach geltender Rechtslage ist eine Selbstanzeige nur dann unwirksam, wenn die Behörde neben der objektiven auch die subjektive
Tatseite kennt). Damit soll auch klargestellt sein, dass es bei der Tatentdeckung auf die Kenntnis der Identität des Täters nicht ankommt.
Teurer wird es für jene Selbstanzeiger, die erst „scheibchenweise“ mit der Wahrheit herausrücken. Wurde für einen Abgabenanspruch (zB Einkommensteuer
eines bestimmten Jahres) bereits eine Selbstanzeige erstattet, so ist eine neuerliche Selbstanzeige für diesen Abgabenanspruch zwar grundsätzlich
zulässig (was mit der RV auch außer Streit gestellt wird), allerdings ist für die zusätzlich anfallende Steuernachzahlung ein Zuschlag von 25 % zu bezahlen.
Neuer Tatbestand „Abgabenbetrug“
Der schon im Entwurf enthaltene neue Tatbestand des „Abgabenbetrugs“, der gerichtlich zu verfolgende Abgabenhinterziehungen von mehr als 100.000 €
treffen soll, die mit besonderer krimineller Energie begangen wurden, bleibt auch in der RV erhalten, allerdings im Vergleich zum Entwurf mit einigen
Modifikationen:
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Der im Entwurf enthaltene Tatbestand der „Täuschung über die maßgebenden Umstände für die Zurechnung von Einkünften oder Wirtschaftsgütern“
wurde, weil für einen Straftatbestand viel zu unbestimmt, gestrichen.
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Die Abgabenhinterziehung unter Verwendung falscher oder verfälschter Urkunden, Daten oder Beweismittel (mit Ausnahme unrichtiger
Abgabenerklärungen, Anmeldungen, Anzeigen, Aufzeichnungen und Gewinnermittlungen) sowie die Abgabenhinterziehung unter Verwendung von Scheingeschäften und anderen Scheinhandlungen bleibt als Tatbestand des Abgabenbetrugs bestehen.
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Als neuer Tatbestand wird der Vorsteuerbetrug eingeführt (Geltendmachung von Vorsteuerbeträgen ohne zugrunde liegende Lieferungen oder
sonstige Leistungen).
Der Abgabenbetrug, der immer in die gerichtliche Zuständigkeit fällt, soll – wie schon im Entwurf vorgesehen - mit zwingenden Freiheitsstrafen von bis zu 10 Jahren bestraft werden, die allerdings nunmehr – je nach der Höhe des Hinterziehungsbetrages –
gestaffelt sind (zB bei Abgabenbetrug bis 250.000 € darf die Freiheitsstrafe nur bis zu 3 Jahre betragen). Daneben können Geldstrafen von bis zu 2,5
Mio € (bei Verbänden bis zu 10 Mio €) verhängt werden. In bestimmten Fällen können zwingende Freiheitsstrafen allerdings auch in Geldstrafen
umgewandelt werden.
Finanzvergehen als Verbrechen und Geldwäschereivortat
Unverändert zum Entwurf wird auch in der RV klargestellt, dass es sich bei Finanzvergehen, die mit einer zwingenden Freiheitsstrafe von mehr als 3
Jahren bedroht sind, um ein Verbrechen iSd § 17 Abs 1 Strafgesetzbuch (StGB) handelt. Aufgrund der geänderten Strafsanktionen gelten nunmehr als
Verbrechen aber nur mehr der erwähnte neue Tatbestand des „Abgabenbetrugs“ (§ 39 FinStrG) sowie der in der RV als § 38a FinStrG gesondert
angeführte (bisher in § 38 FinStrG enthaltene) Tatbestand der „Strafe bei Begehung als Mitglied einer Bande oder unter Gewaltanwendung“ (zB bei
Schmuggel; zwingende Freiheitsstrafe bis 5 Jahre und zusätzlich Geldstrafe bis 5 Mio €). Diese beiden Finanzvergehen gelten infolge ihrer Einstufung als Verbrechen auch als Vortat zur Geldwäscherei und lösen damit zB bei Banken und Beratern die mit der Geldwäscherei
verbundenen Meldepflichten an die zuständige Behörde aus10. Diese
Informationen dürfen in der Folge auch von den Finanzbehörden verwendet werden.
Strafaufhebung in besonderen Fällen („Anonymverfügung“)
Bei einer im Zuge einer Steuerprüfung festgestellten (vermutlichen) Abgabenverkürzung von bis zu 10.000 € soll in Hinkunft ein Strafverfahren
dadurch vermieden werden können, dass – ähnlich einer Anonymverfügung – mit der Bezahlung der Steuernachzahlung ein 10%iger „Straf“- Zuschlag (Verkürzungszuschlag) entrichtet wird. In der RV wird diese Regelung insofern erweitert, als
der Grenzbetrag von 10.000 € nunmehr pro Jahr gilt und insgesamt die Abgabenverkürzung nicht mehr als 33.000 € betragen darf. Für die Anwendung dieses
vereinfachten Verfahrens ist – da eine Berufung gegen den Verkürzungszuschlag nicht möglich ist – die Zustimmung des Steuerpflichtigen erforderlich.
Wird die Zustimmung verweigert, kommt es zur Einleitung eines normalen Finanzstrafverfahrens.
Sonstige Änderungen im FinStrG
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Der hinterzogene Steuerbetrag („strafbestimmender Wertbetrag“), bei dessen Überschreiten für (vorsätzliche) Abgabenhinterziehungen nicht
die Finanzstrafbehörde, sondern das Strafgericht zuständig ist, soll von 75.000 € auf 100.000 € angehoben werden (bei
Schmuggel von 37.500 € auf 50.000 €).
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Für die verbotene Herstellung von Tabakwaren wird ein neuer Straftatbestand geschaffen.
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Gegen den Bescheid über die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens wegen Verdachts eines vorsätzlichen Finanzvergehens ist in Hinkunft ein
Rechtsmittel nicht mehr zulässig. Da in diesem Fall aber das Bankgeheimnis nicht mehr gilt, enthält die RV aufgrund der Einwendungen im
Begutachtungsverfahren nunmehr die Bestimmung, dass
Auskunftsersuchen an Kredit- und Finanzinstitute im Rahmen von Finanzstrafverfahren wegen vorsätzlicher Finanzvergehen in Form eines
rechtsmittelfähigen Bescheides
ergehen müssen. Bis zur Erledigung eines allfälligen Rechtmittels gegen einen solchen Bescheid dürfen die Unterlagen nicht verwendet
werden.
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Auch die Hinterziehung von Einfuhrumsatzsteuer oder von harmonisierten Verbrauchsteuern in anderen EU-Staaten im Zusammenhang mit
einem in Österreich verfolgten Delikt soll in Hinkunft von den österreichischen Finanzstrafbehörden verfolgt werden können.
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Ist die Verkürzung von Abgaben nur als vorübergehend beabsichtigt (so genanntes „Verschieben“), soll dies als Strafmilderungsgrund berücksichtigt werden können.
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Geldstrafen
sollen in Hinkunft im gerichtlichen Strafverfahren maximal bis zur Hälfte bedingt nachgesehen werden dürfen.
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Der Geld-Strafrahmen für Verbände soll mit der Begründung, dass Verbände neben der Geldstrafe keine Freiheitsstrafen bekommen
können, auf das 1,5-fache des normalen Geld-Strafrahmens angehoben werden. Dh bei einer „normalen“ Abgabenhinterziehung zB einer
GmbH kann der Geschäftsführer mit einer Strafe bis zum 2-fachen des Hinterziehungsbetrages und zusätzlich die Gesellschaft (= „Verband“)
mit einer Strafe bis zum 3-fachen des Hinterziehungsbetrages bestraft werden!
Ärztegesetznovelle ermöglicht Gründung von Gruppenpraxen als GmbH
Die am 19.8.2010 in Kraft getretene 14. Ärztegesetznovelle11 enthält als
für die Praxis wichtigste Neuerungen einerseits die Möglichkeit der Zusammenarbeit von Ärzten in der Rechtsform einer GmbH sowie andererseits
die Verpflichtung zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung für alle freiberuflich tätigen Ärzte.
Die Zusammenarbeit von freiberuflich tätigen Ärzten im Rahmen von Gruppenpraxen ist nunmehr – neben der schon bisher zulässigen Offenen Gesellschaft
(OG) – auch in der Rechtsform einer GmbH12 zulässig. Dabei sind
folgende besondere Bestimmungen zu beachten:
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In der Firma der GmbH muss jedenfalls der Name eines Gesellschafters und die von der Gruppenpraxis vertretenen Fachrichtungen
aufscheinen.
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Gesellschafter
einer Gruppenpraxis-GmbH dürfen ausschließlich zur selbstständigen Berufsausübung berechtigte Ärzte sein. Die vorübergehende Einstellung oder
Untersagung der Berufsausübung bis zur Dauer von sechs Monaten hindert nicht an der Gesellschafterstellung.
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Die Berufsbefugnis der Gruppenpraxis-GmbH ergibt sich aus den Berufsberechtigungen der an der Gruppenpraxis als Gesellschafter
beteiligten Ärzte.
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Jeder Gesellschafter ist maßgeblich zur persönlichen Berufsausübung in der Gruppenpraxis-GmbH verpflichtet.
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Es ist der Gruppenpraxis-GmbH untersagt, Gesellschafter-Ärzte oder andere Ärzte anzustellen. Das Eingehen zivil- oder arbeitsrechtlicher
Beziehungen zu anderen Ärzten, insbesondere durch den Abschluss von freien Dienstverträgen, Werkverträgen und Leiharbeitsverhältnissen, ist
grundsätzlich untersagt und nur im Fall der vorübergehenden Vertretung aufgrund von Fortbildung, Krankheit und Urlaub gestattet.
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Die Anstellung von Angehörigen anderer Gesundheitsberufe ist nur bis maximal 5 Personen (ausgenommen Ordinationshilfen) je
Gesellschafter-Arzt gestattet. Ausnahmen bestehen für Sonderfächer mit hohem Technisierungsgrad, wie zB Labormedizin und Physikalische Medizin.
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Die Berufsausübung der Gesellschafter einer Gruppenpraxis-GmbH darf nicht an Weisungen oder Zustimmungen der Gesellschafterversammlung gebunden
sein.
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Interessanterweise muss nicht jeder Ärzte-Gesellschafter einer Gruppenpraxis-GmbH zu deren Geschäftsführung und Vertretung berufen sein.
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Die Gründung einer Gruppenpraxis-GmbH setzt grundsätzlich eine Bedarfsprüfung durch den Landeshauptmann voraus. Davon ausgenommen sind
Gruppenpraxis-GmbHs, an denen sich nur Ärzte beteiligen, die bereits einen Einzelvertrag mit der örtlich zuständigen Gebietskrankenkasse haben
oder wenn die zu gründende Gruppenpraxis bereits im gesamtvertraglichen Stellenplan vorgesehen ist.
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Keine Bedarfsprüfung
ist erforderlich für Gruppenpraxen, die ausschließlich sozialversicherungsrechtlich nicht erstattungsfähige Leistungen erbringen (zB
Schönheitschirurgen etc).
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Ferner bedürfen auch schon bestehende Gruppenpraxen in der Rechtsform einer OG bei einer „Umwandlung“ in eine GmbH keiner
Bedarfsprüfung.13
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Die Berufsausübung der Gruppenpraxis-GmbH ist erst nach Abschluss und Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung möglich. Die
Mindestversicherungssumme hat für jeden Versicherungsfall 2 Mio € zu betragen. Die Haftungshöchstgrenze darf bei einjähriger
Versicherungsperiode das Fünffache der Mindestversicherungssumme nicht unterschreiten. Der Ausschluss oder eine zeitliche Begrenzung der
Nachhaftung des Versicherers ist unzulässig.14
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Die Gruppenpraxis-GmbH ist nicht Mitglied der Wirtschaftskammern.15
Auch die nicht in Gruppenpraxen organisierten Ärzte müssen nunmehr über eine Berufshaftpflichtversicherung im obigen Ausmaß verfügen. Bei
Einzelpraxen muss die Haftungshöchstgrenze bei 1-jähriger Versicherungsperiode aber nur das Dreifache der Mindestversicherungssumme betragen. 16 Bereits eingetragene Ärzte und Gruppenpraxis-OGs haben den Nachweis der
Berufshaftpflichtversicherung binnen einem Jahr ab Inkrafttreten der Ärztegesetznovelle zu erbringen. 17
Insgesamt ist es aber bedauerlich, dass auch künftig freiberuflich tätigen Ärzten, die sich nicht mit anderen Ärzten zu einer Gruppenpraxis
zusammenschließen wollen, die Ausübung ihrer Berufstätigkeit in der Rechtsform einer GmbH verwehrt bleibt.
Splitter
Niedrigere Maklerprovisionen für Mieter
18
Seit 1.9.2010 darf die für die Vermittlung von Mietverträgen über Wohnungen und Einfamilienhäuser mit dem Mieter vereinbarte Provision oder sonstige Vergütung maximal 2 Bruttomonatsmieten betragen. Für bis zu 3 Jahre befristete Mietverträge ist die Provision mit
einer Bruttomonatsmiete beschränkt. Vermittelt ein Hausverwalter eine Wohnung in einem von ihm verwalteten Haus, beträgt die Provision jeweils nur die
Hälfte der oben genannten Werte. Unverändert bleiben die Richtsätze (3-facher Bruttomietzins) für Provisionen, die zwischen Vermieter und
Immobilienmakler vereinbart werden, sowie die Provisionen für die Vermittlung von Geschäftsräumlichkeiten.
Bei Inseraten über Mietwohnungen müssen seit 1.9.2010 auch die monatliche Gesamtbelastung sowie die Einzelkosten (Hauptmietzins,
Betriebs- und Heizungskostenakonti, Umsatzsteuer) detailliert dargestellt werden.
Neuerungen bei der Besteuerung von Bonusmeilen aus Vielfliegerprogrammen
Der VwGH19 hat bekanntlich die von der Finanzverwaltung20 vertretene Auffassung, dass Bonusmeilen aus Vielfliegerprogrammen, die privat genutzt werden dürfen, lohnsteuerpflichtig sind, verworfen. Das BMF hat in einer Information 21 angekündigt, dass die Lohnsteuerrichtlinien im Sinne der
VwGH-Rechtsprechung geändert werden. Der VwGH hat festgestellt, dass einerseits die Steuerpflicht erst im Zeitpunkt der tatsächlichen (privaten)
Einlösung der Bonusmeilen entsteht und andererseits der Vorteil als von dritter Seite eingeräumter Arbeitslohn nicht dem Lohnsteuerabzug und
damit auch nicht den Lohnnebenkosten unterliegt. Der Dienstnehmer muss daher den Vorteil der privat genutzten Bonusmeilen in seiner Einkommensteuererklärung deklarieren. Wenn keine sonstigen einkommensteuerpflichtigen Einkünfte vorliegen, kann dafür der Veranlagungsfreibetrag
von 730 € genützt werden. Sollte für in 2010 eingelöste Bonusmeilen bereits in den Vorjahren vom Arbeitgeber Lohnsteuer einbehalten worden sein, müssen
diese nicht mehr bei der Einkommensteuerveranlagung 2010 erfasst werden.
Geänderte Rechtsprechung zum „anschaffungsnahen Erhaltungsaufwand“
Größere Erhaltungsaufwendungen, die in einem engen zeitlichen Zusammenhang (von bis zu drei Jahren) mit dem Erwerb einer Immobilie stehen, mussten nach
bisheriger Rechtsprechung als anschaffungsnaher Erhaltungsaufwand aktiviert werden. Begründet wurde dies damit, dass beim Kauf einer bereits
sanierten Liegenschaft ein höherer Kaufpreis aktiviert werden muss. Der VwGH22 ist in einem jüngst ergangenen Erkenntnis von dieser Rechtsansicht abgegangen. Für die Abgrenzung zwischen sofort abzugsfähigen Erhaltungsaufwand und aktivierungspflichtigem nachgeholten
Instandhaltungsaufwand ist nach Ansicht des VwGH nunmehr entscheidend, wann die Betriebsbereitschaft des Gebäudes für den Käufer gegeben ist. Wurde das
Gebäude bereits vor dem Kauf betrieblich genutzt (wie dies im Entscheidungsfall gegeben war) und wird diese betriebliche Nutzung im Wesentlichen
unverändert fortgesetzt, sind nach dem Erwerb anfallende Erhaltungsaufwendungen sofort abzugsfähig.
Gilt die Umsatzsteuerjahreserklärung noch als konkludente Selbstanzeige?
In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass die Umsatzsteuerjahreserklärung eine Nachzahlung ergibt. Laut herrschender Ansicht und Rechtsprechung
stellt die Einreichung dieser Erklärung auch eine konkludente Darlegung der Verfehlung für die Voranmeldungsdelikte und eine Offenlegung der
bedeutsamen Umstände im Sinne einer (strafbefreienden) Selbstanzeige dar. Ebenso stellt die Unterschrift des Einzelunternehmers auf seiner persönlichen
(berichtigten) Steuererklärung als konkludenten Selbstanzeige eine ausreichende und eindeutige Täternennung dar. Dies entspricht auch der bisherigen
Verwaltungspraxis.
Von einigen UFS-Senaten wurde in jüngster Zeit zu beiden Punkten eine gegenteilige Rechtsansicht vertreten. Dabei handelt es sich um
„Mindermeinungen“, welche mit guten Erfolgsaussichten beim VwGH bekämpft werden können. 23 Da es aber nicht auszuschließen ist, dass auch der VwGH auf die
Judikaturlinie des UFS einschwenkt, ist aus praktischer Sicht jedoch zu empfehlen, der Umsatzsteuerjahreserklärung eine Beilage anzufügen bzw
per Post an das Finanzamt zu übermitteln, aus welcher einerseits ersichtlich ist, auf welche Voranmeldungszeiträume die Nachzahlungen entfallen, und in
welcher anderseits die Täter konkret benannt werden.